Dienstag, 2. Juni 2009

aufgeregt! prügelnde männer

vor ein paar stunden wollte ich mir einen kaffee machen, zittrig führten meine hände den kaffeelöffel in richtung filterpapier und ich dachte nur: puh jetzt erst mal zur ruhe kommen...dann hielt ich inne: zur ruhe kommen mit kaffee? ich schüttete alles zurück, setzte teewasser auf und zwang mich erst mal im sitzen tief durch zu atmen.


kurz vorher hatte sich folgendes ereignet:
schon wach, lag ich noch ruhend im bett, als schreie durch den hinterhof schallten, sehr aggressive und aber dann auch leidende, wimmerige schreie.
wie gestochen sprang ich auf und lief zum fenster. es war nicht das erste mal, dass aggressive laute durch den hof tönten, allerdings konnte ich es früher weder orten (ein berliner hinterhof von zwei häusern) noch die art der schreie einschätzen.
heute jedoch war es deutlich: "du schwein, du verprügelst mich" bis zu deutlichen schmerzlauten. dieses mal war ich recht sicher woher das ganze kam, denn es schien nicht weit von meiner wohnung.
auch andere guckten aufmerksam aus ihre fenstern.
-leute, ich glaub ich ruf die bullen, sagte ich in den hof hinein zu den anderen. die waren unsicher, was auch mich verunsicherte.
wir überlegten kurz und verständigten uns zu dritt erst mal dort zu klingeln, zu gucken, ob jemand öffnet, wie die situation ist und ob hilfe benötigt wird. natürlich öffnete keiner und natürlich war es ruhig.
das nächste mal rufen wir die polizei! da waren wir uns einig.
wenige minuten später saß ich wieder in meiner wohnung, rastlos. -das nächste mal? dachte ich... wie oft soll das noch passieren?
ich entschied mich dazu das nächstgelegene revier anzurufen. wenn es nur ein s/m- spiel sein sollte, um so besser und die bullen haben wenigstens was zu lachen.
kurz danach beobachtete ich, wie der typ, den ich als schläger vermutete, die wohnung verließ. ich hätte ihn am liebten festgenagelt, aber was konnte ich schon ausrichten?
kleine zierliche frau, steht vor einem aggressiven großen typen und sagt: "bitte bleib hier, die bullen kommen gleich?" oder "hey bist du der typ, der seine frau schlägt? ich hab gerade die bullen gerufen, kannst du bitte warten?"
auch kam mir der gedanke, dass sie vielleicht eher spricht, wenn er weg ist und eher bereit ist hilfe anzunehmen.
wenige minuten später rückten 6 polizisten an, drei männer und drei frauen, eine davon in zivil. als ich ihnen entgegen lief hörte ich die frau durchs fenster jammern: "warum schlägt er mich bloß?". -gut, dachte ich, du hast das richtige getan.
als die bullen vor ihrer tür standen und sie diese nach einer weile doch öffnete, hörte ich nur ein "nein, es ist alles in ordnung."
es klang jammerig und einen kurzen moment später ließ sie wohl zumindest die frau in zivil rein.
ich konnte nichts mehr tun, verzog mich in meine wohnung und hoffte richtig gehandelt zu haben.
ob ihr das einen anstoß gibt sich zu befreien? ob es ihr hilft zu wissen, dass es menschen gibt, die sich sorgen? oder setzt es sie noch mehr unter druck? vielleicht ist sie jetzt bemühter ihre schmerzen vor den nachbarn zu verbergen?
was ist bloß mit der nachbarin oder dem nachbarn direkt daneben? sind die nie da? hören die nichts? und warum habe ich mich nicht früher gekümmert heraus zu finden, was da läuft?
ob es gut wäre noch mal zu klingeln und hilfe anzubieten oder unverfänglich auf einen tee einzuladen?
ich weiß noch nicht mal wie die frau aussieht, nur den typen kenne ich vom sehen. auch habe ich die starke vermutung, dass drogen im spiel sind. es ist ein junges paar, vor deren wohnung sich öfter mal eine extreme geruchswolke von nikotin und gras findet, so krass, dass selbst ich es als störend empfinde und oft die fenster im treppenhaus aufreiße.

-anregungen und kommentare sind willkommen.

4 Kommentare:

  1. Sie haben selbstverständlich das Richtige getan.
    Auch wenn die Fragen und Ängste danach nicht weniger, sondern mehr geworden sind.
    Zu oft wird weg geschaut oder die Unsicherheit zwingt zum "noch warten". Manchmal ist es beim nächsten Mal zu spät.

    Im eigenen weitläufigen "Bekanntenkreis" wurde eine Frau zum zig-sten mal geschlagen und riss während des fallens das anderthalbjährige Kind mit sich, welches an die Wand knallte.Die Polizei nahm eine Anzeige auf. Befragte das Kind, welches genau registriert hatte was passiert war und dies sogar erklären konnte.Es hatte Angst.
    Nach einer Woche zog die Frau die Anzeige zurück.Es war ja schließlich das erste Mal, dass das Kind etwas abbekommen hatte.
    Die Polizei ist raus, Jugendamt oder änliches greift nicht.
    Wut, Unverständnis und tausend andere Gefühle kommen da in mir hoch.
    Diese Gewalt, und das dazu gehörende Ertragen, machen mich immer wieder sprachlos.

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  2. Ich kann meiner Vorgängerin nur zustimmen. Dieses weghören und wegsehen der unmittelbaren Umgebung ist kaum erträglch. Vielleicht dauert es, bis die Frau sich helfen lässt. Und vielleicht wäre es vor diesem Hintergrund auch gut, wenn Sie Anwesenheit signalsieren. Eine Einladung zu einem Tee ist dabei unter Umständen eine schöne Idee.

    Ich habe großen Respekt davor, dass Sie etwas getan haben, dass so selbstverständlich sein sollte und gleichzeitig so selten passiert.

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  3. danke für ihre anregungen. ich bin auch immer mehr davon überzeugt das richtige getan zu haben und es wundert mich entsprechend, dass all die anderen nachbarn nicht die polizei rufen wollten. in meinem haus gibt es so unglaublich viele glücklich erscheinende junge paare mit kindern, um so sprachloser macht das (halb)wissen um eine verprügelte frau, an deren wohnung ich jeden tag mehrere male vorbei gehe.
    über eine einladung zum tee habe ich länger nachgedacht. problematisch ist, dass ich nicht weiß wie sie aussieht, davon ausgehe, dass wir nichts gemeinsam haben und zudem unsicher bin, worüber man reden kann. später kam ich auf die idee selbst beim notruf für häusliche gewalt anzurufen, um die einfach zu fragen, was man machen kann. sie haben mich darauf aufmerksam gemacht, dass es am wichtigsten sei, der frau keine hilfe anzubieten, die man selbst nicht einhalten kann. nun, vielleicht kann ich erst mal herausfinden, wer sie ist, um dann vorsichtig ein wenig small talk zu beginnen.

    ich muss sagen, besonders bei diesem thema war das bloggen und auch das wissen um die kommentare hilfreich für den umgang.

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  4. Sophie, du hast das Richtige getan. :-) Oft ist es sicherlich gut, aus der Distanz zu beobachten und die Gaia-Erde in ihrer Funktionseinheit zu belassen und den homo sapiens ihre eigene Verantwortung nicht abzunehmen, aber manchmal muss Frau einfach eingreifen: wenn humane Grenzen verletzt werden.

    Liebe Grüße,
    ein Mann

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