Mittwoch, 7. Juli 2010

unverträglichkeit docetaxel (2. teil)

achtung: liebe krebspatientinnen,
bitte vergesst nicht, dass es möglich ist, dass ihr das docetaxel gut vertragt! es kann euch auch gut damit gehen. nebenwirkungen bei der chemo sind bei jedem anders!das hier ist meine geschichte, eure kann eine ganz andere sein. mir hat es geholfen hier einiges aufzuschreiben, dennoch empfehle ich sich während der chemo im allgemeinen keine negativen nebenwirkungsgeschichten reinzuziehen, das macht eher unnötige angst. umgebt euch lieber mit schönem und tut euch gutes!

fortsetzung der geschichte:

nach der blutabnahme schlich ich am arm des bruders in das hauptgebäude zur ärztin in den zweiten stock, d.h. erst mal in den warteraum. die zeit zog sich dahin, mein kopf schien wie abgeschaltet, ich sprach kaum, wartete nur und schlich zwischendurch einige male auf klo wegen des durchfalles. nach zweieinhalb stunden kam ich endlich dran. ich hätte mich auch bestimmt früher bemerkbar machen können, aber das wollte ich nicht, ich war doch kein notfall und die sollten auch nicht denken, dass ich mich anstelle. überhaupt war ich überzeugt davon wieder nach hause geschickt zu werden, schließlich bräuchte ich bestimmt nur die richtigen medikamente und alles würde gut werden, -so dachte ich...
"sie sehen aber schlecht aus!" war die begrüßung der ärztin. ja, das hatte ich auch feststellen müssen als mein blick auf der toilette in den spiegel fiel: ein rotes neuridermitisgesicht gespickt mit superdicken eiterpusteln guckte mich an und ich musste zugeben, wirklich gesund sah das nicht aus.
die ärztin hörte sich kurz meine leiden an, guckte mir in den mund und telefonierte sofort herum, um mir ein bett zu besorgen.
sie war ganz furchtbar lieb und sagte nur das nächste mal solle ich bei den beschwerden fünf tage früher kommmen und dann sofort in die rettungstelle gehen, statt drei stunden auf sie zu warten.
nach den laborwerten waren meine leukozyten glatt bei null und irgendwelche anderen blutwerte, die auch für die abwehr zuständig sind und deren normalwert sich bei 500 befinden sollte, waren bei 33... ich durfte niemandem mehr die hand geben und sollte mich sofort in die rettungsstelle begeben, damit ich dort versorgt werde.
das war der moment in dem ich ein wenig begriff und halb lachend halb weinend feststellte: -dann war ich wohl ganz schön tapfer die letzten tage, kann das sein?
"ja, das waren sie auf jeden fall, aber das müssen sie nicht!"
die ärztin malte blumen auf den zettel auf dem sie meine laborwerte notiert hatte und ich konnte nicht anders: -ach, wenn sie schon blumen auf meine laborwerte malen, dann kann es doch nur noch aufwärts gehen!- und grinste.

in der rettungsstelle bekam ich schnell ein bett und es wuselten lauter ärzte um mich herum, vor allem ein herr dr. lustig. -ach, herr dr. lustig, da kann ja nichts mehr schief gehen, -wollte ich sagen, aber irgendetwas hielt mich ab...
"guten tag frau sophie, sie arme, ihnen geht es ja wirklich nicht gut, sie arme, aber das wird schon... *tätschel, tätschel*, haben sie schmerzen in ihrem bäuchlein? meine kollegin legt ihnen jetzt eine flexüle, vielleicht kriegen sie ein kleines schmerzchen, aber nur kurz. in dem tröpfchen ist flüssigkeit für sie, ach sie arme, mensch *tätschel, tätschel* und ihr gesichtchen, sieht das schon lange so aus?"
dieser arzt war überhaupt nicht lustig, er machte mich eher aggressiv mit seinen verniedlichungen und seinem mitleid. ich kam mir vor wie einem schlechten film und staunte, dass es so etwas auch in der realität gibt.
"wir bräuchten dann auch ein wenig lulu von ihnen, bei den mädchen heißt das ja lulu... hier ist ein becherchen dafür."
ich brauchte ein wenig bis ich begriff, von lulu hatte ich noch nie etwas gehört. ich nahm ihm den becher ab und fragte noch mal nach: -ach, sie wollen, dass ich in den becher pinkel, richtig? am liebsten hätte ich pissen gesagt, das schien mir dann aber doch zu grob.
"ja, sie machen lulu in den becher."
ich fragte mich wie seine kollegen es mit ihm aushielten. aber, er setzte sich für mich ein, achtete haargenau, dass alles richtig bei mir lief und brachte mir extra einen pandemie mundschutz, damit ich mir mit meinem lahmgelegten abwehrsystem keine keime einfing. der mundschutz war ganz modern und er war stolz drauf mir keinen einfachen anzubieten. leider ging das nach hinten los, ein paar minuten später spürte ich kurzatmigkeit, ich riss mir das ding runter soweit es ging und bat laut darum, dass jemand kommen möge. ein pfleger kam, ich sagte ihm was los sei und wies ihn an, dass ich mein asthmaspray bräuchte. er stand etwas hilflos rum, gab mir meinen rucksack, in dem sich das spray befand und stand wieder hilflos rum.
der mundschutz hing noch um mein kinn und ich wurde nervös: -jetzt machen sie mir schon das ding ab! danach können wir das spray suchen und sie geben mir einen anderen mundschutz! -befahl ich und wunderte mich selbst über meinen strengen ton. ich war äußert konzentriert auf das was nötig war, für alles andere hatte ich keine kraft.

zwei stunden später wurde ich von einem höchstsympathischen krankenpfleger auf meine station geschoben; quer durch das krankenhaus mit meiner schlechten haut, der glatze und dem mundschutz. ich wußte, dass ich nun das typische bild abgab, welches die anderen nicht sehen wollen: eine krebspatientin, der es schlecht geht; da bekommen andere menschen angst.
der transportkrankenpfleger war prima, wir lachten viel und sprachen über die wm, astrologie und das gesundheitssystem. er brachte mich auf die privatstation und ich meckerte über das zweiklassensystem. (ich gehöre zu den leuten die kein geld haben, jedoch zur zeit nicht aus der privatversicherung rauskommen.)

in ein einzelzimmer, dass so groß ist, dass man darin hätte tanzen können, wurde ich geschoben, das sollte also für die nächsten tage mein reich sein.
kurze zeit später besuchte mich der diensthabende arzt, sorgenvoll betrachtete er mich und sagte immer wieder: "ich will ihnen ja keine angst machen, aber das muss jetzt aufwärts gehen!"
-ich weiß, das wird es schon, geht ja gar nicht anders-
ich glaube ich hatte keine kraft für ein anderes gefühl außer zuversicht.

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